Wenn die Kinder von zu Hause ausziehen, müssen sie auf eigenen Füßen stehen können. Manche Alltagskompetenzen lassen sich vorher trainieren, manche nicht. Und Überraschungen – auch in finanzieller Hinsicht – gehören zum Erwachsenwerden dazu. Heike Höhfeld ist Bankfachwirtin und hat in ihrer Patchworkfamilie, bestehend aus fünf Kindern im Alter von 22 bis 35 Jahren, schon einige Umzüge begleitet.
Den Kindern Verantwortung zu geben und diese seitens der Kinder anzunehmen, fängt nicht erst mit dem Auszug an, sondern altersgerecht in der Zeit, in der die Kinder noch zu Hause wohnen. Wichtig ist die Vermittlung von Alltagskompetenzen, wie z. B. Wäsche waschen, Einkaufsroutinen entwickeln, putzen oder auch (mehr als Tiefkühlpizza) kochen können. Besprechen Sie im Rahmen von Familienregeln gemeinsam, wer für was die Verantwortung trägt.
Besonders wichtig auf dem Weg zum Erwachsenwerden sind auch solide Kenntnisse im Umgang mit den eigenen Finanzen. Bei den meisten jungen Menschen ist das Budget knapp. Da ist es wichtig, schon vor dem Auszug gelernt zu haben, wie ich mein Geld einteile, damit es auch bis zum Monatsende reicht. Mit dem ersten Taschengeld und später dann mit dem Budgetgeld für weitere Lebensbereiche können die jungen Menschen hier wichtige Erfahrungen sammeln.
Der Auszug aus dem Elternhaus gehört zum Erwachsenwerden einfach dazu: Junge Menschen wollen und sollen selbstständig werden, spätestens zum Ende der Ausbildung. Doch für alle Familienmitglieder stellt der Auszug den Beginn eines neuen Lebensabschnitts dar. Für die Kinder ist der Auszug ein Schritt in die Freiheit und für die Eltern häufig ein Ereignis, das mit gemischten Gefühlen verbunden ist. Denn mit dem Auszug des (letzten) Kindes sind die Eltern auf einmal wieder nur ein Paar. Das gibt ihnen neue Freiheiten, stellt sie aber auch vor neue Herausforderungen und kann die Partnerschaft auf die Probe stellen. Für die Eltern kann die Phase des Auszugs auch mit Gefühlen von Trauer und Angst verbunden sein (sogenanntes „Empty-Nest-Syndrom“). Es braucht Zeit, sich im neuen Alltag einzufinden. Miteinander reden, die jeweiligen Gefühle, Erwartungen und Grenzen ansprechen und aushandeln, ist der Schlüssel, um den Übergang gut als Paar und Familie zu meistern.
Das kommt auf die Umstände an. Es gilt selbstverständlich weiterhin, als Familie in Ausnahmesituationen füreinander da zu sein. Eines unserer Kinder war schwer erkrankt und ist deshalb erst mal wieder eingezogen. Ein anderes ist nach ein paar Jahren Berufstätigkeit zur Meisterschule gegangen und hat während dieser Zeit wieder bei uns gewohnt. Das eine Kind wollte so schnell wie möglich wieder eine eigene Wohnung, das andere mussten wir rausschubsen. Wichtig ist, in Erfahrung zu bringen, was hinter dem Wunsch, wieder bei den Eltern zu wohnen, steckt. Ist es einfach nur Bequemlichkeit? Dann ist es wichtig, zu kommunizieren, dass das Wohnen im „Hotel Mama“ auch ein Ende hat.
Geben Sie Ihrem Kind genug Raum, eigene Entscheidungen zu treffen und aus Fehlern zu lernen. Für finanzielle Notlagen, die nicht aus dem frei verfügbaren Budget getragen werden können, empfehle ich, ein sogenanntes „Katastrophen-Geld“ zusätzlich zum eigenen Notgroschen anzusparen. Das kann z. B. ein kaputter Laptop oder ein nach Trennung vom Freund erforderliches Auto sein. Das geliehene Geld können Sie sich im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Kinder in Raten zurückzahlen lassen.
Auch wenn mal etwas nicht nach Plan läuft, ist es wichtig, sich als Eltern nicht ungefragt einzumischen.
Ich muss Vertrauen in mein Kind haben. Es lebt jetzt sein Leben und geht vielleicht einen anderen Weg als den, den ich genommen hätte. Wenn ich erwachsenes Verhalten erwarte, dann muss ich mein Kind auch als Erwachsenen behandeln, z. B. Konsequenzen von unklugem Verhalten sind selbst auszubaden.
Rückblickend hätte ich mir mehr Gelassenheit gewünscht. Ehrlicherweise sage ich aber auch, dass das Sich-Sorgen-Machen um die Kinder auch mit dem Auszug vermutlich nie ganz aufhört.